Asset Deal: Übertragung von Kundendaten

Die Übermittlung von Kundendaten bei einem Asset Deal sollte gut überlegt sein.
Dem Einwilligungsmanagement gilt beim Kundentransfer im Asset Deal besondere Aufmerksamkeit.

Blog Thema: Übertragung von Kundendaten beim Asset Deal nach DS-GVO

Rund 150.000 Firmen stehen in den nächsten Jahren vor dem Generationswechsel und auch viele unserer Mandanten sind betroffen. Die Kundendaten sind unter Umständen als werthaltiges „Asset“ sowohl für den Kaufpreis als auch für eine erfolgreiche Transaktion ein entscheidendes Kriterium. Daher besteht bei einem Asset Deal ein hohes Interesse an einer möglichst vollständigen und rechtssicheren Übertragung der Kundendaten an den Erwerber. Wir möchten Ihnen in diesem Artikel die Problematik einmal darstellen und Sie für das Thema sensibilisieren.

Share Deal vs. Asset Deal

Zur Beurteilung der datenschutzrechtlichen Relevanz ist zunächst die Deal-Struktur entscheidend, wobei zwischen einem Share Deal und einem Asset Deal unterschieden wird.

Der Share Deal führt nur zu einer Veräußerung von Geschäftsanteilen, der Unternehmensträger bleibt jedoch bestehen. Beispielsweise kann bei einer GmbH ein Wechsel des Gesellschafters erfolgen, so dass das Unternehmen einen neuen Eigentümer bekommt. Dieser Umstand ist datenschutzrechtlich unproblematisch, weil der „Verantwortliche“ selbst sich nicht ändert. Dort bleibt alles gleich.

Kundendaten werden nicht übertragen, so dass keine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DS-GVO stattfindet. Die DS-GVO greift in diesem Falle nicht und es Bedarf somit keiner Rechtfertigung.

Im Asset Deal gehen einzelnen Wirtschaftsgüter („Assets“) im Wege der Einzelrechtsnachfolge an den Erwerber über, also z.B. eine bestimmte Sparte eines Produktes oder eine bestimmte Dienstleistungsabteilung. Werden in diesem Zusammenhang auch Kundendaten an den Erwerber übertragen, ist darin eine erlaubnispflichtige Übermittlung im Sinne des Art. 4 Nr. 2 DS-GVO zu sehen.

Wird für die Weitergabe von personenbezogenen Daten von Kunden an den Erwerber bei einem Asset Deal die Einwilligung des Kunden benötigt?

Das Einholen von Einwilligungen sämtlicher Kunden ist natürlich die beste Basis, aber wenig praktikabel. Der Käufer müsste alle Kunden anschreiben und um Einwilligung bitten. Auch bedürfte schon die Weitergabe der Daten an den Erwerber für Zwecke der Einholung einer Einwilligung einer Rechtsgrundlage. Auch wird die sogenannte „Conversion Rate“ für diese Einwilligungsschreiben wahrscheinlich sehr niedrig ausfallen. Einholen von Einwilligungen sämtlicher Kunden ist somit wenig realistisch, weshalb Alternativen von besonderem Interesse sind.

Übergang laufender Vertragsverhältnisse

Wenn laufende Vertragsverhältnisse auf den Erwerber übergehen sollen, bietet sich eine vertragliche Legitimierung für die Übernahme der Kundendaten an. In diesem Fall ist die Übermittlung zur Erfüllung eines Vertrags erforderlich. Insoweit die Kunden selbst Vertragspartei dieser Vereinbarung sind, kann die Übertragung auf Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b DS-GVO gestützt werden.

Die Berücksichtigung der Abwägung der Interessen

Wenn eine Vertragsübernahme nicht vereinbart wird oder sich die Übertragung der Kundendatensätze nur zum Teil rechtfertigen lässt, bleibt als weitere Möglichkeit eine begründete Interessensabwägung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO.

Die Datenschutzkonferenz hat am 24.05.2019 einen hilfreichen Rahmen gesetzt, der jedoch auch Einwilligungen in bestimmten Bereichen unter Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f i.V.m. Abs. 4 DS-GVO voraussetzt. Folgende Fälle werden dort erläutert:

  • Kundendaten bei laufenden Verträgen
  • Bestandskunden ohne laufende Verträge und letzter Vertragsbeziehung älter als 3 Jahre
  • Daten von Kundinnen und Kunden bei fortgeschrittener Vertragsanbahnung; Bestandskundinnen und -kunden ohne laufende Verträge und letzter Vertragsbeziehung jünger als 3 Jahre 
  • Kundendaten im Falle offener Forderungen
  • Kundendaten besonderer Kategorie nach Art. 9 Abs. 1 DS-GVO

Wir empfehlen Ihnen zunächst einmal dieses Positionspapier.

Damit allein ist das Thema aber noch nicht abgeschlossen. Bei einer Datenverarbeitung auf Basis einer Interessenabwägung ist eine Weitergabe der Kundendaten bei einem Asset Deal zulässig, wenn die Verkäuferin ein rechtlich legitimes Interesse an der Weitergabe hat und entgegenstehende Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Inwieweit ein „berechtigte Interesse“ in Betracht kommt, hängt dabei von der Ausgestaltung des Deals ab. Auch der Umfang der Kundendaten und die Kategorien haben Einfluss.

In der nun zu erfolgenden Interessenabwägung sind die berechtigten Interessen des Verkäufers und des Erwerbers mit den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Kunden im Einzelfall abzuwägen.

Hierbei haben die Zwecke, zu denen die Kundendaten übermittelt werden, einen hohen Einfluss auf die Entscheidung. Wenn das Ziel im Wesentlichen in der Fortführung des Betriebes oder des Geschäftsmodells liegt, wird die Interessenabwägung eher zu Gunsten der Unternehmen ausgehen. Gleiches gilt bei einer Vereinbarung, in der der Erwerber für etwaige Verbindlichkeiten, wie Garantien oder Gewährleistungsansprüche, künftig einsteht. In diesen Fällen kann davon ausgegangen werden, dass die Kunden von dem Erwerber zur Fortführung des Geschäfts die Übertragung der Kundendaten erwarten dürfen. Es spricht wenig dafür, dass schutzwürdige Interessen der Kunden einer Übertragung entgegenstehen.

Kommt es lediglich zu einem Wechsel der Verantwortlichen, ohne dass die Daten physisch übermittelt werden müssen und ist sichergestellt, dass der Erwerber vergleichbare Maßnahmen zum Schutz der personenbezogenen Daten trifft, entsteht aus Sicht der Kunden zudem keine neue Gefährdungslage.

Trotzdem ist die Abwägung keine einfache Thematik. Hat zum Beispiel der Erwerber seinen Sitz in einem Drittstaat, also außerhalb der EU, kann schon ein Zweifel am Datenschutzniveau dazu führen, dass entgegenstehende Interessen der Kunden überwiegen und die Weitergabe der Daten unzulässig ist.

Zu berücksichtigen sind auch die schutzwürdigen Interessen der Kunden. So besteht bei einer Datenverarbeitung auf Grundlage von Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO das Recht des Kunden zum jederzeitigen Widerspruch nach Art. 21 DS-GVO. Der Kunde ist über sein Recht vor der Datenübermittlung ausdrücklich zu informieren.

Die Interessenabwägung würde mit großer Wahrscheinlichkeit gegen das Unternehmen ausfallen, wenn beispielsweise besonders umfangreiche Kundenprofile übertragen werden, die für den Zweck der Fortführung erkennbar nicht erforderlich sind. Auch bei einer isolierten Veräußerung der Kundendaten ohne jeglichen Bezug zu der ursprünglichen Kundenbeziehung wird eine negative Einschätzung erfolgen. In diesen Fällen kann eine rechtmäßige Übertragung dann nur mit einer entsprechenden Einwilligung der Kunden umgesetzt werden.

Die Einwilligung ist nötig bei besonderen Datenkategorien

Wie auch die DSK in Ihrem Positionspapier betont, ist eine Einwilligung zwingend, wenn Gesundheitsdaten oder andere „besondere Kategorien von Daten“ des Art. 9 Abs. 1 DS-GVO als Teil des Kundendatensatzes übermittelt werden sollen. In diesem Fall kommt es nicht auf eine Interessenabwägung an. Nach Art. 9 Abs. 2 lit. a DS-GVO ist bei diesen Datenkategorien stets eine Einwilligung der betroffenen Kunden erforderlich.

Die Kunden informieren und den richtigen Zeitpunkt berücksichtigen

Bevor eine Übermittlung von personenbezogenen Daten der Kunden an den Erwerber erfolgt, sind die Kunden von dem Veräußerer zu informieren. Die Kundeninformation könnte, entsprechend der im Rahmen von Unternehmenstransaktionen mittlerweile etablierten „Widerspruchslösung“, ausgestaltet werden. Die Kunden können in dieser Information mit genügend zeitlichem Vorlauf auf die geplante Übermittlung hingewiesen werden und ihnen wird eine angemessene Frist zum Widerspruch gegen die Übermittlung eingeräumt. Es bietet sich an mögliche weitere Informationspflichten des Art. 13 Abs. 3 DS-GVO im Rahmen dieser Kundeninformation zu berücksichtigen. Der Erwerber wiederum ist verpflichtet die Kunden nach Art. 14 DS-GVO zu informieren. Diese Information muss spätestens innerhalb eines Monats nach Erhalt der Daten erteilt werden.

Die transparente Gestaltung dieser Kundeninformationen kann helfen einen angemessenen und interessengerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen zu realisieren.

Fazit

Nicht immer ist eine Einwilligung notwendig. Die Übermittlung von Kundendaten bei einem Asset Deal sollte gut überlegt und auf eine valide rechtliche Grundlage gestellt werden. Wie auch die Modalitäten eines jeden Asset Deals individuelle Ausprägungen ausweisen, so ist auch für den Kundendatentransfer genau zu überlegen, auf welcher vertraglichen und/oder gesetzlichen Basis eine für beide Seiten erfolgreiche Übertragung des Assets „Kundendaten“ realisiert und das Einwilligungsmanagement sinnvoll und effizient gestaltet werden kann. Das Positionspapier der DSK ist hierzu eine Orientierungshilfe.

Autor: Oliver Zeh